Zur Sicherheit Betrieb anschauen

Von Rainer Beutel.

Wer Schwarzarbeiter beschäftigt, macht sich strafbar. Nicht nur das ist ein Grund für die Kreishandwerkerschaft, aktiv gegen Verfehlungen vorzugehen – mit Erfolg. KH-Geschäftsführer Peter Ziemainz spricht im Interview mit WIR-Redakteur Rainer Beutel über betriebliche und gesellschaftliche Folgen illegaler Tätigkeiten im Handwerk.

Herr Ziemainz, die Kreishandwerkerschaft hat sich vorgenommen, Schwarzarbeit zu bekämpfen. Was gab und gibt dafür den Anlass?

Peter Ziemainz: Anlässe hierzu sind zahlreiche Meldungen, die von Verbrauchern und regulär arbeitenden Betrieben bei uns eingehen. Der Grund für uns, aktiv gegen Schwarzarbeit vorzugehen, ist der Schutz der Verbraucher vor nicht qualifizierten Handwerkern und Sicherstellung von fairen Wettbewerbsbedingungen im Handwerk.

Sie achten auf die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften. Wie hoch sind denn die Fallzahlen?

Peter Ziemainz: Wir haben im zweiten Halbjahr 2019 mit den ersten Verfahren begonnen. Derzeit haben wir 14 abgeschlossene Fälle. Wir erwarten leider, dass die tatsächlichen Fallzahlen erheblich höher sein werden.

Und von welcher Dunkelziffer gehen Sie aus?

Peter Ziemainz: Leider können wir dies nicht sicher beziffern. Jedoch gehen wir davon aus, dass wir über mehrere hundert Fälle pro Jahr allein im Kreis Groß-Gerau sprechen.

Welche Handwerksbranchen sind besonders von Schwarzarbeit betroffen?

Peter Ziemainz: Betroffen sind alle Bereiche des Handwerks. Besonderer Schwerpunkt liegt jedoch in den Bau- und Ausbauberufen. Aber auch im Bereich des Zweirad-Handwerks und der Friseure stellen wir eine erhebliche Anzahl fest.

Wie wollen und können Sie die Übeltäter packen bzw. wie kann die Kreishandwerkerschaft Schwarzarbeit überhaupt nachweisen? Sie sind ja keine Ermittlungsbehörde!

Peter Ziemainz: Wir sind als Körperschaft des öffentlichen Rechts gesetzlich beauftragt, für faire Wettbewerbsbedingungen und Einhaltung der handwerksrechtlichen Vorschriften und Gesetze zu sorgen. Daher liegt unser Schwerpunkt eindeutig im Wettbewerbs- und Handwerksrecht. Für Steuerhinterziehung oder Sozialkassenbetrug sind andere Institutionen zuständig, die wir aber in relevanten Fällen selbstverständlich informieren.

Die Verfolgung von Schwarzarbeit ist auch eine kommunale Angelegenheit. Was unternimmt denn der Kreis Groß-Gerau? Wie werden Sie vom Landratsamt unterstützt?

Peter Ziemainz: Hier können wir uns deutlich aktivere und intensivere Bemühungen vorstellen. Betroffene Handwerksbetriebe haben seit geraumer Zeit den Eindruck, dass die Bekämpfung der Schwarzarbeit im Kreis Groß-Gerau nicht mit dem möglichen oder erforderlichen Nachdruck betrieben wird. Dies ist umso bedauerlicher, da Schwarzarbeit Sozial- und Steuerkassen schädigt und damit gesellschaftlich nicht akzeptabel ist.

Was können Verbraucher unternehmen, um Schwarzarbeit zu erkennen? Letztlich geht es ja für den, der die Rechnung zahlt, auch ums Geld …

Peter Ziemainz: Wenn Verbraucher sicher gehen wollen, dass sie keinen Schwarzarbeiter beschäftigen, sollten Sie zwei einfache Maßnahmen ergreifen. Sie sollten sich den Betrieb oder die Werkstatt vor Ort anschauen. Oft hilft dieser erste Eindruck dabei, zu klären, ob der Verbraucher bei ihm gut aufgehoben ist. In jedem Zweifelsfall kann der Kunde in der Kreishandwerkerschaft zusätzlich nachfragen, ob der betreffende Betrieb auch wirklich in der Handwerksrolle eingetragen ist. Schließlich darf er nur dann in seinem Gewerk tätig werden. Was nur wenige Verbraucher wissen ist, dass auch sie sich strafbar machen können, wenn sie (auch unwissentlich) Schwarzarbeiter beauftragen.

Was passiert mit einem Handwerker, dem sie Schwarzarbeit begründbar vorwerfen? Was droht diesem und wie geht es dann weiter?

Peter Ziemainz: Wir fordern die betreffenden Schwarzarbeiter umgehend auf, dies zukünftig zu unterlassen. Wird die entsprechende Unterlassungserklärung abgegeben, drohen ihm im Falle der Wiederholung erhebliche Geldbußen. Sollte diese nicht unterschreiben werden, ist die unmittelbare und notwendige Folge ein Prozess vor dem Landgericht, der zugleich einen erheblichen Kostenaufwand für ihn bedeutet. Zugleich beraten wir auf Wunsch aber auch dabei, die jeweilige Tätigkeit an die gesetzlichen Vorschriften anzupassen bzw. die eindeutig nicht zulässigen Tätigkeiten verbindlich zu definieren.

Welche Auswirkungen hat Schwarzarbeit für regulär angemeldete und arbeitende Handwerksbetriebe?

Peter Ziemainz: Solche Betriebe haben erhebliche Aufwendungen bei den gängigen Sozialkassenverfahren, Arbeitsschutz- und Sicherheitseinrichtungen, der Zahlung von tariflichen oder übertariflichen Löhnen und der Einhaltung vieler weiterer gesetzlicher Auflagen. Schwarzarbeiter sparen sich diese Gelder und den notwendigen zeitlichen Aufwand. Schon unter finanziellen Gesichtspunkten ist dies eine wesentliche Wettbewerbsverzerrung. Aus Verbrauchersicht ist aber wesentlich, dass nur von Unternehmen, die in der Handwerksrolle eingetragen und für ihre Tätigkeit entsprechend ausgebildet und qualifiziert sind, eine ordentliche Handwerkerleistung erwartet werden kann. Diese Anforderungen werden insbesondere von unseren Innungsbetrieben erfüllt. Verbraucher werden es leider sehr schwer haben, bei Schwarzarbeitern Ansprüche auf Gewährleistung oder Nachbesserung zu realisieren.

Haben Sie schon Erfahrungen und Erfolge?

Peter Ziemainz: Alle Verfahren, die wir betrieben haben, haben zu den gewünschten Unterlassungserklärungen geführt. Auch anwaltlich beratene Schwarzarbeiter haben diese Erklärungen abgeben müssen. Dies hat im Wesentlichen damit zu tun, dass unsere Position und die Rechtslage eindeutig sind.

Ist die KH bei ihrem Kampf allein oder können sie sich mit anderen Regionen zusammentun bzw. gegenseitig voneinander profitieren?

Peter Ziemainz: Die Bekämpfung der Schwarzarbeit endet nicht an den Grenzen des Kreises Groß-Gerau. Wir arbeiten mit benachbarten Kreishandwerkerschaften und der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main eng zusammen. Hier gibt es einen ständigen und intensiven Informationsaustausch.

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