Attraktiv auch für kleine Lesemuffel

Von Rainer Beutel.

Sie mag Dürrenmatts „Die Physiker“ ebenso wie Mangas. Sie will vor allem Kinder fürs Lesen begeistern. Und sie hat sich vorgenommen, spannende Veranstaltungen wie „Lesen an besonderen Orten“ zu etablieren. Die Rede ist von der 25 Jahre alten Saskia Foit, die in Nauheim eine Zäsur moderiert und bewältigt – den Umzug der Bücherei in neue Räume. Was es bedeutet, dass die Bibliothek nun in der Schwarzbachschule zu finden ist, erklärt die Büchereileiterin im Interview mit WIR-Redakteur Rainer Beutel.

Frau Foit, Sie leiten seit 2020 die Gemeindebücherei und haben dieser Tage den Wechsel der Bücherei aus dem Nebenraum einer Sporthalle in die neue Ganztagsschule bewältigt. Auf was dürfen sich Leser freuen?

Saskia Foit: Alle Bewohner Nauheims dürfen sich über einen neuen Ort zum Stöbern, Lesen und Verweilen freuen. Jetzt können die Erwachsenen nämlich in der Leseecke sitzen, an ihrem Kaffee nippen und ganz gemütlich in einer Zeitschrift blättern. Und die Kinder haben mehr Platz zum Sitzen und Schmökern, sowohl in der Bücherei wie auch im Vorraum. Wir hoffen, dass wir ihnen durch die vielen Rechercheplätze auch einen weiteren Ort zum entspannten Lernen anbieten können. Die neue Einrichtung wird hoffentlich zu einer schönen und offenen Atmosphäre beitragen.

Gibt es auch wieder Lesungen und Kinderkulturveranstaltungen in der Bücherei, sofern die Pandemie es zulässt?

Saskia Foit: Ja, darauf freuen wir uns schon sehr. Wir werden in Absprache mit der Schule die Mensa für Veranstaltungen nutzen können – so können wir auch größere Lesungen anbieten. Vor allem jetzt, in den Zeiten der Pandemie, ist es dort einfacher, ein gutes Hygienekonzept umzusetzen als in den Räumen der Bücherei. Bei den Kindern werden erst einmal die Büchereiführungen für die Grundschulklassen anstehen, damit sie möglichst bald anfangen können, die neue Bücherei zu nutzen. Wir haben auch schon einige Pläne für Kinderveranstaltungen im Frühling und Sommer, auf die sich alle freuen können. 

Wird sich das Medienanagebot generell verändern?

Saskia Foit: Es werden einige Bereiche im Medienangebot erweitert oder sogar ganz neu aufgebaut. Beispielsweise wird es bald ein richtiges Zeitschriftenangebot geben, sowohl für Erwachsene wie auch Kinder. Darauf freuen wir uns schon sehr, weil die Bücherei dadurch für kleine Lesemuffel interessanter wird. Und der Sachbuchbereich wird erweitert werden. Bei den Erwachsenen wollen wir zum Beispiel mehr Bücher zum Thema Hobby/Freizeit, aber auch Gesundheit anschaffen. Für Kinder wollen wir noch mehr aktuelle Sachthemen abdecken, damit sie die Bücherei für die Schule gut nutzen können. Bereiche, über die ich mich persönlich sehr freue, sind die Comics und Mangas. Wir haben über die letzten Monate angefangen das aufzubauen und haben jetzt schon die ersten jugendlichen Leser dazugewonnen. In den neuen Räumen stehen diese Medien vor der Bücherei im Pausenraum, damit die Kinder während den Pausen darin blättern und sich darüber austauschen können.

Was gibt es in Nauheim noch in Sachen Leseförderung, von Corona-bedingten Einschränkungen mal abgesehen?

Saskia Foit: Momentan bieten wir wieder die Lesestart-Sets der Stiftung Lesen an. Alle Familien mit dreijährigen Kindern können sich den Beutel mit einem kostenlosen Buch für die Kinder und einer Broschüre für die Eltern, wie man das Lesen und Bücher in den Alltag einbauen kann, in der Bücherei abholen. Natürlich gibt es außerdem den Vorlesewettbewerb, der schon eine feste Instanz in Nauheim ist. Wir freuen uns immer darüber, dass uns Kindergartengruppen in der Bücherei besuchen kommen und wir Medienkisten für die Kindergärten zusammenstellen dürfen. Besonders spannend wird es aber hoffentlich demnächst, weil wir dann das Projekt „Lesen an besonderen Orten“ wiederbeleben dürfen. 

In der Gemeinde gibt es ja jetzt auch wieder eine Buchhandlung. Sehen Sie eine Trendumkehr? Wird wieder mehr gelesen? Wenn ja, woran könnte das liegen?

Saskia Foit: Ich glaube von einer Trendumkehr kann man noch nicht sprechen, aber die Pandemie hat viele wieder zum Lesen gebracht. Plötzlich war Zeit – einer der Hauptgründe, die vorher genannt wurden, warum man nicht liest. Das merkt man auch im Buchhandel – in vielen Genres wurden mehr Bücher verkauft als noch vor Corona. Aber durch die Pandemie sind viele Lücken entstanden, auch in der Leseförderung. Deswegen hoffen wir sehr, dass wir durch die Nähe zur Schule zumindest zu einem kleinen Anteil zur Leseförderung und vor allem der Lesemotivation der Kinder beitragen können. Und hier liegt auch die große Bereicherung der neuen Buchhandlung in Nauheim. Ein zusätzlicher Ort, wo sich Kinder aber auch Erwachsene Bücher aussuchen können, die ihnen ganz persönlich gefallen und die sie gerne lesen wollen. Das ist von so großem Wert, wenn man Menschen für das Lesen begeistern möchte. Vor allem mit der guten Beratung von Buchhändler René Barth lohnt sich ein Besuch auf jeden Fall. 

Zu Ihrer Person: Warum haben Sie diesen Beruf eigentlich gewählt, und was treibt Sie an? Lesen Sie einfach nur gerne?

Saskia Foit: Meine Liebe fürs Lesen hilft auf jeden Fall, ist aber nicht der einzige Grund, warum ich in einer Bücherei arbeiten wollte. Ich habe Buchwissenschaft und Germanistik an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz studiert, weil ich Bücher nicht nur als eine Unterhaltungsform sehr interessant finde, sondern die Rolle von Büchern oder Schriftgut im Allgemeinen als Kultur- und auch Wirtschaftsgut super spannend finde. Während meines Studiums und in den Praktika war für mich recht schnell klar, dass ich noch mehr Freude daran habe, andere für das Lesen zu begeistern. Deswegen wollte ich gerne in einer Bücherei arbeiten, da man hier Menschen zum Lesen bewegen kann – uneingeschränkt vom Druck, etwas kaufen zu müssen. 

Was sind Ihre Lieblingsbücher, welchen Titel empfehlen Sie gerade für Jugendliche, welches Sachbuch müsste noch geschrieben werden und welchen Roman konnten Sie zuletzt einfach nicht mehr beiseitelegen?

Saskia Foit: Die Frage nach meinen Lieblingsbüchern finde ich immer sehr schwierig, da sich Bücher so schwer vergleichen lassen. Manche Bücher sind einfach so gut geschrieben, dass ich ganz begeistert vom literarischen Talent der Schriftsteller bin, zum Beispiel „Der Ausflug der toten Mädchen“ von Anna Seghers oder „Die Physiker“ von Friedrich Dürrenmatt. Andere Bücher wiederum schaffen es, einem beim Lesen in einen eigenen Bann zu ziehen. Beispielsweise haben das zuletzt bei mir die Science-Fiction-Trilogie „Red Rising“ von Pierce Brown (geniales Worldbuilding und sehr gute Charakterentwicklung) geschafft oder auch „Am grünen Rand der Welt“ von Thomas Hardy. Zugegeben, die ersten Kapitel ziehen sich etwas, aber danach kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Bücher, die meine eigene Liebe zum Lesen in meiner Kindheit besonders geprägt haben, waren „Meine Freundin Conni“, „Hanni und Nanni“ und „Die Bücherdiebin“ von Markus Zusak. Bei allgemeinen Empfehlungen bin ich eher etwas zurückhaltend, weil der Lese-Geschmack sehr individuell ist. Ich denke aber, dass viele Menschen, die sagen, ich lese nicht gerne, einfach noch nicht das richtige Buch gefunden haben. Deswegen freue ich mich über jeden, der in die Bücherei kommt und wir das passende Buch für ihn oder sie finden können.

Saskia Foit
ist Leiterin der Nauheimer Bücherei in der Schwarzbachschule;
sfoit@nauheim.de

www.nauheim.de/buecherei
buecherei@nauheim.info
Tel. 06152-18761106

Öffnungszeiten:
dienstags von 9.30 bis 16 Uhr, donnerstags von 9.30 bis 18 Uhr

Bücherei in der Schwarzbachschule
Schulstraße, eigener Eingang an der rechten Gebäudeseite.

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