David gegen Goliath

Von Jörg Cezanne.

Nach mittlerweile einem Jahr Corona kann man feststellen, dass es nicht nur Krisenverlierer gibt, sondern auch eindeutige Krisengewinnler. Während viele Privatpersonen und kleine bis mittelgroße Unternehmen schwer von der Pandemie und deren Folgen getroffen wurden, konnten insbesondere Großunternehmen im Bereich des Einzel- und Onlinehandels ihre Marktmacht weiterausbauen und somit die Schere zwischen Klein- und Großunternehmen nochmals um ein Vielfaches steigern.

Während es im Bereich des Onlinehandels Anbieter wie Amazon (Jahresgewinn 2020: +84 Prozent), Microsoft (Gewinnzuwachs im 4. Quartal zum Vorjahreszeitraum: +33 Prozent) und Facebook (Gewinnzuwachs im 4. Quartal zum Vorjahreszeitraum: +53 Prozent) sind, die ihre Gewinne ordentlich steigern konnte und somit von der Krise profitiert haben, sind es auf der Ebene der Einzelhändler Größen wie ALDI, LIDL und die REWE Group oder auch das Einrichtungshaus IKEA. Dies hat nicht nur Folgen für die Kleinunternehmer, die sich im Wettbewerb kaum noch behaupten können. Diese Entwicklung geht auch auf Kosten der Kommunen und hat weitreichende Folgen für die Infrastruktur der Städte und Gemeinden, aus deren Erscheinungsbild schon vor Corona viele Anbieter verschwunden sind. Nach Corona werden wohl noch mehr Innenstädte trostlos aussehen und vor sich hinsterben, während die oben genannten Konzerne ihre Monopolstellung ausweiten, insbesondere in strukturell schwachen Kommunen, weil Kunden kaum noch drumherum kommen, auf solche Anbieter zurückzugreifen.

Langfristig wirkt diese Entwicklung negativ auf den sozialen Frieden. Die meisten Niederlassungen der Online-Händler zahlen bspw. so gut wie keine Steuern, nutzen ihre Monopolstellung, um Einfluss auf Bebauungspläne zu nehmen und bieten den Städten und Kommunen auch kaum Einnahmen, von den schlechten Arbeitsbedingungen und der Vielzahl an Verkehrsaufkommen und somit der Belastung der kommunalen Infrastruktur ganz zu schweigen. So prägen schon seit einigen Jahren Lieferwagen der Online-Händler das Erscheinungsbild vieler Städte, belasten die Umwelt, ob durch die vielen Fahrten oder die Vielzahl an Paketen, die hin- und hergeschickt werden, und machen eine Subvention der Gehälter notwendig, weil diese oftmals nicht zum Leben ausreichen, auch weil oftmals an Subunternehmen outgesourced wird. Die Krisengewinne der Amazons, Facebooks und Co. sind in großem Umfange die Folge staatlicher Corona-Maßnahmen. Wo die klassischen Einzelhändler, Kneipen, Restaurants, Theater etc. zurecht erwarten, dass der Staat ihnen bei Bewältigung der wirtschaftlichen Härten des Lockdown finanziell unter die Arme greift, so ist es umgekehrt ebenso angemessen und fair, wenn der Staat bei den Krisengewinnlern die Lockdown-bezogenen Extragewinne abschöpft. Die LINKE fordert daher eine Übergewinnsteuer („excess profits tax“) für diejenigen Unternehmen, die vom Lockdown besonders profitiert haben. Länder wie die USA, Kanada, Italien und Frankreich haben solche Übergewinnsteuern längst eingeführt. Die britische Regierung beabsichtigt ebenfalls eine solche Übergewinnsteuer für Unternehmen, die durch die Krise ihre Gewinne exzessiv steigern konnte, einzuführen.

Da sich Amazon, Facebook und Co. schon unter Normalbedingungen weitgehend vor der Steuer drücken, braucht es daher ein zweigleisiges System: Einerseits die besagte Übergewinnsteuer für Unternehmen, die der inländischen Gewinnbesteuerung unterliegen. Andererseits eine in ähnlicher Größenordnung bemessene Quellensteuer auf die in Deutschland erwirtschafteten Umsätze von Digitalkonzernen, die ihre hierzulande erzielten Gewinne schon vor der Pandemie nicht im Inland versteuert, sondern in Steueroasen wie z.B. Irland verschoben haben.

Die dadurch gewonnenen öffentlichen Gelder könnten genutzt werden, um zusätzliche Gelder für kleinere bis mittelgroße Unternehmen bereitstellen zu können und somit nicht nur langfristig Arbeitsplätze zu sichern, sondern auch der Ausweitung der Monopolstellung der Großunternehmen entgegenzuwirken und um wichtige mittelständische Unternehmen zu stärken.

Wir hoffen, dass auch in den anderen Fraktionen des Bundestags die Einsicht wächst, dass die Corona-bedingten Wirtschaftshilfen des Staates sehr ungleich und unfair verteilt wurden und dies korrigiert werden muss. Denn rückblickend ist es ziemlich ernüchternd, dass Unternehmen wie Tui (4,3 Mrd. Euro) und Media Markt/Saturn (1,7 Mrd. Euro) Gelder in Höhe von zusammen 6 Mrd. Euro erhielten, während Kunst- und Kulturschaffende mit 1 Mrd. Euro abgespeist wurden und ein Corona Bonus für das Pflegepersonal lediglich Gelder in Höhe von 100 Millionen Euro vorsah.

Wir jedenfalls werden als Linke weiterhin daran arbeiten, dass endlich eine richtige und nachhaltige Prioritätensetzung erfolgt, sonst werden die Folgen der Krise uns langfristig nicht nur in gesundheitlicher Weise schaden.

Jörg Cezanne
ist Bundestagsabgeordneter für die ­LINKE;
joerg.cezanne@bundestag.de

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