Krimis als Spiegelbild

Von Ulf Krone.

„Adria mortale – Bittersüßer Tod“ heißt der neue Roman von Brigitte Pons, der jüngst bei Lübbe erschienen ist. Es ist bereits der 14. der Schriftstellerin aus Mörfelden-Walldorf, die auch unter gleich zwei verschiedenen Pseudonymen schreibt. WIR-Redakteur Ulf Krone hat bei der Autorin nachgefragt, was es damit auf sich hat und worin für sie die Faszination am Krimi-Genre liegt.

Sie sind eine produktive Schriftstellerin. Seit 2011 sind insgesamt 14 Romane von Ihnen erschienen, die meisten im Rahmen mehrerer Reihen. Erzählen Sie ein bisschen über sich, wie sind Sie zum Schreiben gekommen?

Brigitte Pons: Ich konnte nicht anders. Meine ersten erhaltenen Geschichten aus der Grundschule bestechen durch eine kreative Rechtschreibung und teils noch spiegelverkehrte Buchstaben. Ich liebte Aufsätze und das Recherchieren für Referate, hatte nie ein Problem zu texten, jedoch mich kurzzufassen, und las am liebsten Tag und Nacht. Ein eigenes Buch, das war immer mein Ziel. Nach der Schule lagen die Prioritäten für eine Weile anders, bis ein rudimentäres Manuskript aus Teenagertagen aus einem Schrank auftauchte. Das war die Initialzündung, und seitdem habe ich nicht wieder aufgehört.

Ihre Bücher sind entweder Krimis oder zumindest mit Krimi-Motiven durchsetzt. Was fasziniert Sie als Schriftstellerin besonders an dem Genre?

Brigitte Pons: Menschen reagieren sehr unterschiedlich, wenn sie mit einem Verbrechen konfrontiert werden. Doch egal, auf welcher Seite eine Person steht, nach der Tat ist nichts mehr wie es war, das Leben gerät aus den Fugen, und existentielle Fragen tauchen auf – von der pragmatischen Vertuschung bis zur philosophischen Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit als solcher. Das bietet eine Unzahl an Möglichkeiten. Gleiches gilt für die Hintergründe, die zur Tat geführt haben: Ist eine aktive Entscheidung gefallen, wurde geplant, oder war es ein Affekt? Gab es einen Moment, an dem die Katastrophe hätte verhindert werden können? Es sind die Zwischentöne, das vielfältige Grau, neben richtig und falsch, Gut und Böse, die sich im Krimi besonders gut herausarbeiten lassen. Allerdings gibt es von mir auch einen Roman ganz ohne Leiche, der – wie der Titel „Liebe ist der beste Koch“ verrät – einem völlig anderen Ansatz folgt und trotzdem nicht nur rosarot daherkommt.

Ihr aktueller Roman „Adria mortale – Bittersüßer Tod“ ist gerade bei Lübbe erschienen. Worum geht es?

Brigitte Pons: Um die frisch erwachte Reiselust der Deutschen in den 1950er Jahren, ihren klischeebeladenen Blick auf Italien, um Frauenbilder, Selbstbestimmung – und natürlich um Mord. Mit dabei sind zwei „Fräulein“ aus Rüsselsheim auf einem Motorroller, die sich ihren Urlaub etwas anders vorgestellt hatten. Ihre Pensionswirtin – jung und alleinstehend – bringt die Dorfgemeinschaft und den Commissario aus der Stadt ordentlich auf Trab.

Ihr neuer Roman spielt in Italien, nachdem Sie zuvor in zwei Büchern Barcelona einen Besuch abgestattet haben („Mord in Barcelona“, „Tödliches Spiel in Barcelona“, beide Lübbe). Die Krimireihe um den Polizisten Frank Liebknecht dagegen ist im Odenwald angesiedelt. Welche Rolle spielt der Ort für Ihre Geschichten?

Brigitte Pons: Der Ort trägt seinen Teil zur Atmosphäre bei, ist das Salz in der Suppe und für mich mehr als nur eine Kulisse, die mit einem Stadtplan abgelaufen werden kann – was zugegebenermaßen auch Spaß macht. Aus den äußeren Gegebenheiten entstehen spezifische Verhaltensweisen, Konflikte und Lösungsansätze, wodurch die Charaktere authentisch werden. Wo und wie wir leben, unsere Sprache und historische Ereignisse im Umfeld prägen uns. Das gilt auch für fiktive Orte, wie mein kleines Küstendorf auf einer Felsklippe an der Adria.

Sie nutzen neben Ihrem Namen zwei Pseudonyme, „Margherita Giovanni“ für den Italien-Krimi und „Isabella Esteban“ für die Barcelona-Reihe. Was hat es damit auf sich?

Brigitte Pons: Es war der Wunsch des Verlags ein zum jeweiligen Land passendes Pseudonym zu verwenden, was in der Branche absolut üblich ist. Dafür habe ich einmal die Vornamen meiner Kinder, dann die meiner Eltern ein wenig abgewandelt, und ich finde, beides klingt ziemlich gut.

Woran arbeiten Sie aktuell, an der Fortsetzung einer Reihe? Vielleicht ein Odenwald-Krimi unter Corona-Bedingungen?

Brigitte Pons: Grundsätzlich baue ich gern und regelmäßig reale Begebenheiten in meine Bücher ein, doch Corona ist mir noch viel zu präsent. Ich entführe meine Leserinnen lieber aus dem Alltag. Darum wird es 2022 einen zweiten Krimi mit Federica und Lorenzo im Italien des Jahres 1959 geben.

Zur Person: Brigitte Pons, geb. 1967, lebt und arbeitet in Mörfelden-Walldorf. Sie ist Mitglied der Mörderischen Schwestern (www.moerderische -schwestern.eu), einem Netzwerk, dessen gemein­sames Ziel die Förderung der von Frauen geschriebenen, deutsch­sprachigen Kriminal­literatur ist. Sie schreibt Kurz­geschichten und Romane, die bei Bastei Lübbe oder im Selbstverlag erschienen sind. (Foto: P. Liste)

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