Gelingt die Wahlrechtsreform?

Von Stefan Sauer.

Der Bundestag hat mit aktuell 709 Abgeordneten eine Rekordgröße erreicht. Regulär sollten es nur 598 Parlamentarier sein.

Zustande kommt die gestiegene Anzahl der Abgeordneten durch Überhang- und Ausgleichsmandate. Ein Überhangmandat entsteht, wenn in einem Bundesland mehr Bewerber per Erststimme einen Wahlkreis erobern, als das Zweitstimmenergebnis ihnen Sitze im Bundestag zuordnen würde. Von den Überhangmandaten profitieren die Fraktionen von CDU/CSU und SPD. Damit die Überhangmandate das Zweitstimmenergebnis bei der Zusammensetzung des Bundestags nicht verfälschen, erhalten die anderen Parteien Ausgleichsmandate. Davon profitieren naturgemäß die kleineren Parteien.

Ich teile die Ansicht vieler Bürger, dass eine weitere Vergrößerung des Bundestages vermieden werden und sich die Anzahl der Abgeordneten wieder der ursprünglichen Regelgröße von 598 Personen annähern sollte. Daher ist eine Wahlrechtsreform nicht nur wünschenswert, sondern dringend notwendig, denn die Sorge, es könne zu einem XXL-Parlament mit 800 oder 900 Abgeordneten kommen, ist berechtigt.

Leider ist es vor der parlamentarischen Sommerpause wieder einmal nicht gelungen, fraktionsübergreifend eine einheitliche Linie zu finden. Die Lösung dürfte in einer Kombination aus einem moderaten Reduzieren von Wahlkreisen und einem Einschränken von auszugleichenden Überhangmandaten liegen.

Ich bin der Ansicht, dass eine Änderung des Bundeswahlgesetzes, die eine Kappung von Direktmandaten vorsieht, nicht in Betracht zu ziehen ist. Denn betroffen wären insbesondere all jene Wahlkreise, die besonders hart umkämpft sind. Gerade also die Kolleginnen und Kollegen, welche besonders intensiv um die Gunst der Wähler gekämpft haben. Das direkte Wahlkreismandat als zentrales Element unserer parlamentarischen Demokratie muss in seiner jetzigen Form unbedingt erhalten bleiben. Direkt gewählte Abgeordnete sollen ihren Wahlkreis vertreten – damit hat sie der Bürger durch sein Votum beauftragt.

Ein Reduzieren der Wahlkreise muss zeitgleich mit einer Neueinteilung der Wahlkreisgebiete überlegt und erarbeitet werden. Für den Wahlkreis GG (WK 184) würde dies bedeuten, dass wir „wachsen“ müssen, denn die Anzahl der wahlberechtigten Menschen ist mit 174.727 Bürgern (Stand 29. September 2017) zu gering. Ich bin gespannt, wohin die Reise geht, welche umliegenden Ortschaften den WK 184, den ich im Bundestag vertreten darf, zukünftig stärken. Ich setze mich weiterhin dafür ein, dass wir so schnell wie möglich eine akzeptable Lösung finden, denn als Abgeordnete müssen wir auch zu Veränderungen bereit sein, die uns selbst betreffen.

Stefan Sauer
ist ehemaliger Bürgermeister der Kreisstadt und Bundestagsabgeordneter für die CDU;
stefan.sauer@bundestag.de


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