Ping Pong mit Parkinson

Von Ulf Krone.

Über die Krankheit Parkinson ist noch immer viel zu wenig bekannt, und dass die Krankheit nicht erst im hohen Alter zuschlagen kann, ist den meisten Menschen nicht bewusst. Dabei leiden hierzulande etwa 400.000 Meschen unter den oft sehr unterschiedlichen Symptomen. Hoffnung auf mehr Lebensqualität macht dabei der Effekt von Tischtennis auf die Symptome der Betroffenen. WIR-Redakteur Ulf Krone wollte mehr darüber in Erfahrung bringen.

Es ist Dienstagabend, und ich stehe vor der Turnhalle der Martin-Buber-Schule. Drinnen trainiert noch der Tischtennis-Nachwuchs des Sportvereins Blau-Gelb Groß-Gerau, doch danach sind die Erwachsenen an der Reihe. Die Herren müssen sich fit halten für ihre Ligaspiele. Immerhin gehört die zweite Mannschaft in der Kreisliga zu den Top-Teams, während die erste Mannschaft in der Bezirksliga alle Kräfte im Abstiegskampf benötigt.

Ich bin jedoch nicht verabredet mit den Aktiven von Blau-Gelb, sondern mit Renate Hauwasser, die dort ebenfalls immer dienstags den Schläger schwingt. Anders als die Herren von Blau-Gelb geht die 63-jährige aber nicht auf die Jagd nach Meisterschaften. Renate Hauwasser spielt aus gesundheitlichen Gründen, denn sie hat Parkinson.

Neun Jahre ist es inzwischen her, dass sie die Diagnose erhalten hat, obwohl Parkinson nach wie vor eher als „Senioren-Krankheit“ betrachtet wird. Aber leider wissen wir immer noch viel zu wenig über diese so komplexe Krankheit, bei der Nervenzellen im Gehirn geschädigt werden, wovon in Deutschland etwa 400.000 Menschen betroffen sind. So gestaltet sich die Diagnose besonders bei Jüngeren oft als schwierig, da Symptome wie Zittern oder ein schwankender Gang leicht auf andere Ursachen zurückgeführt werden können.

Auch bei Renate Hauwasser hatte es lange gedauert, bis man der Krankheit auf die Spur gekommen war. Motorische Defizite im rechten Arm, eine gewisse Trägheit im Bewegungsapparat, hatten sie einst zum Arzt geführt, aber anfangs blieb die Ursache für die Beschwerden ein Rätsel. Erst ein Orthopäde tippte nach einem Motorik-Test auf Parkinson und brachte so den Stein ins Rollen.

Weil dies kein Einzelfall ist, engagiert sich Renate Hauwasser aktiv im Verein Jung & Parkinson, wo sie als Regionalleiterin Hessen-Süd tätig ist. Der Selbsthilfe-Verein hilft Betroffenen bundesweit bei der Bewältigung der Diagnose und organisiert den Austausch von Erfahrungen untereinander. Dort lernte sie auch Karla Rückert kennen, mit der sie auf PingPongParkinson aufmerksam wurde, ein Projekt, das aus den USA zu uns nach Deutschland gekommen ist und hierzulande vom gleichnamigen, erst 2020 gegründeten Verein weiter ausgebaut wird.

Denn Tischtennis scheint tatsächlich einen positiven Effekt auf den Krankheitsverlauf zu haben. Nachdem anfänglich zwar die Erfahrung Betroffener wie die des Gründers der PingPongParkinson-Bewegung Nenad Bach in diese Richtung deuteten, fehlte jedoch lange ein wissenschaftlicher Nachweis. Den lieferte schließlich 2020 eine Studie der Universität in Fukuoka, die die positiven Auswirkungen des Sports auf die motorischen Fähigkeiten der Betroffenen belegte. Renate Hauwasser und ihr Ping-Pong-Partner an diesem Abend, Bernhard Kurka, können das nur bestätigen.

„Ich habe Probleme, den rechten Arm zu bewegen, ihn zu heben“, berichtet Renate Hauwasser. „Aber beim Ping-Pong spiele ich mit rechts – ich bin ja Rechtshänderin – und die Symptome sind zumindest beim Spielen kein Thema.“ Ähnlich geht es Bernhard Kurka, der unter dem Parkinson-typischen Zittern, dem Tremor, leidet: „Beim Spielen ist das Zittern weg!“ Das sind zwar noch keine dauerhaften Effekte, aber die Momente beim Spielen, in denen die Krankheit plötzlich in den Hintergrund tritt, seien unendlich viel wert, berichten die Betroffenen.

Deshalb ist Renate Hauwasser inzwischen auch als offizielle Ansprechpartnerin damit beschäftigt, die Kreisstadt als einen Standort für PingPongParkinson zu etablieren, während ihre Freundin Karla Rückert einen solchen in Griesheim aufbaut. Der Anfang ist also gemacht, jetzt geht es darum, die Betroffenen in der Region zu erreichen und mit an die Platte zu bringen. Wo sie derzeit noch zu zweit spielen, soll in Zukunft eine Gruppe mit eigenem Trainer entstehen. Selbst Turniere werden bereits ausgetragen – wie die PingPongParkinson German Open vom 26. bis zum 29. Mai in Bad Homburg.

Renate Hauwasser (Foto oben l.) ist Ansprechpartnerin des Vereins PingPongParkinson in Groß-Gerau; Tel.: 01525-1323992, renate.hauwasser@outlook.de

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